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… zum Tod verurteilt


In Graz kommt es auch zu einem – aus späterer Sicht Hermanns politisch völlig unbeeinflusst gebliebenen – Zusammentreffen mit Switbert Lobisser; er mag den jungen Carl Hermann, obgleich dieser in seinen Arbeiten aus Stein durchaus ausdruckstarke Größe einsetzt, zunächst weniger mit seinen monumentalen Wandbildern und Fresken, als mit den thematisch und handwerklich fein gestalteten Holzschnitten beeinflusst haben. Während seines Studiums portraitiert Carl Hermann auch ihn (Gips bronziert, Privatbesitz) und wird die aus dem Besitz Lobissers stammenden Graphiken auch dann noch schätzen, als er längst mit der ihm eigenen Hand an großen Granitplastiken arbeitet.

Bereits anlässlich eines Studentenaustausches, der zu Hitlers Monumentalbildhauer Josef Thorak nach München führt, und auch einige Wochen später zurück in Graz holt Carl Hermann das Regime des Nationalsozialismus ein; Reichsarbeitsdienst und letztlich Fronteinsatz in Norwegen. Es gelingt, eine Zuteilung zur Alpine-Montan-Union (Technisches Büro) in Leoben zu erwirken. Nebenbei beschäftigt er sich weiterhin mit Portraits, ist aber auch als Auftragskünstler (Leobner Stadtwappen, Vollplastik in Holz; Amor und Psyche, Marmor) tätig. Carl Hermann ist bereits finanziell aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit auf eigene Beine gestellt.

 

Während der Zeit in Leoben kommt er mit einer gegen den Nationalsozialismus auftretenden Widerstandsgruppe in Verbindung; Carl Hermann ist organisatorisch tätig und lernt im Übrigen den nachmalig langjährigen Landeshauptmann der Steiermark, Josef Krainer sen. kennen. Schließlich wird die Gruppe verraten und zerschlagen, Hermann gerät in Haft und wird letztlich am 05.03.1945 zum Tod durch Strang verurteilt. Sein Verteidiger kann die Vollstreckung verzögern; in der Todeszelle schreibt Carl Hermann sein „Gebet um Freiheit“, das Jahre später von Franz Ledwinka (Leiter einer Klavierklasse am, zeitweise auch Direktor des Mozarteums, Salzburg) vertont und am 01.06.1980 in New York uraufgeführt wird.

Carl Hermann - Betender

Gebet um Freiheit

Oh Herr, in deine Hände
leg ich mein Schicksal ein.
Schwere Tage segnend wende,
schick mir wieder Sonnenschein.

Alle Sehnsucht, Hunger, Qualen,
die ich hier erleiden muss,
sei mir o Gott vor allem
von dir ein Herzensgruß.

Doch erhöre mein Bitten
und mein innig kindlich Flehn:
Einmal noch lass mich inmitten
deiner großen Freiheit stehn.

In den letzten Kriegswochen soll Hermann zur Exekution nach Wien überstellt werden. Da das Rechtsmittelverfahren nach wie vor offen ist, der Zusammenbruch Hitlerdeutschlands letztlich aber im Frühjahr 1945 in greifbare Nähe rückt, werden viele politisch Verurteilte begnadigt und an noch bestehenden Fronten kanonenfutterartig als letztes Aufgebot eingesetzt, darunter auch Carl Hermann gegen die Sowjetarmee im nördlichen Niederösterreich (Eggenburg). Der Gruppe um ihn gelingt es letztlich, diesen Marschbefehl zu ergänzen (Zwettl). Am Weg dorthin begegnet sie bereits zahlreichen, flüchtenden Soldaten, die über die jüngsten Kriegsereignisse und das sinnlose Dahinsterben in den, wie sich später herausstellen soll, späten Kriegstagen berichten. Man löst sich letztlich auf, Carl Hermann schließt sich einem Kameraden aus Gmünd an. Während der darauf folgenden Wochen im Frühjahr 1945 gelingt es Hermann nachzuweisen, dass er im Widerstand tätig gewesen ist. Dieser Umstand führt dazu, dass er zum Polizeiamtsleiter der Stadtgemeinde Gmünd bestellt wird.

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Carl Hermann